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26.01.2024
Schwerbehinderung und Merkzeichen
Schwerbehinderung/Schwerbehindertenausweis und Merkzeichen.
Ab wann gilt man als schwerbehindert? Welche Beeinträchtigungen muss man haben um einen Schwerbehindertenausweis zu erhalten? Wie werden die einzelnen Behinderungen berechnet? Was ist ein Merkzeichen? Was bringt einem die Feststellung einer Schwerbehinderung?
Alle diese Fragen werden wir hier beantworten.
Grundsätzlich steht es jedem frei, beim Kreis Kleve einen Antrag auf Feststellung einer Behinderung nebst Merkzeichen zu stellen.
Der Kreis Kleve überprüft dann die körperliche und psychische Verfassung und stellt für jede Erkrankung die einzelnen Behinderungen und Beeinträchtigungen fest.
Danach muss die Schwere der einzelnen Beeinträchtigungen festgestellt werden und mit einem Prozentsatz beziffert werden.
Dabei hilft die Versorgungsmedizinische Verordnung. Darin sind sämtliche möglichen körperlichen und psychischen Beeinträchtigungen aufgelistet. Diese Tabelle ist sortiert in die einzelnen körperlichen Abschnitte wie z.B. „Kopf und Gesicht“ und „Nervensystem und Psyche“.
Wenn nun eine Depression vorliegt, dann ist diese im Bereich Psyche zu finden. Dort wird dann beschrieben, dass bei einer Depression der Grad der Behinderung von 0 - 100 gerechtfertigt sein kann.
Nun kommt es auf die Ausprägung der Erkrankung und der damit verbundenen Einschränkung des Menschen in seinem Leben an. Liegt nun eine mittelgradige Depression mit sozialen Anpassungsschwierigkeiten vor, dann sieht die Tabelle dafür einen Grad der Behinderung von 50-70 vor. Das nennt sich dann Einzelgrad.
So werden alle Erkrankungen in die Tabelle eingesetzt und der jeweilige Einzel-Grad ermittelt.
Aus den Einzel-Graden wird dann ein Gesamt-Grad der Behinderung berechnet. Dafür wird geschaut, welche Beeinträchtigungen hauptsächlich hervorsticht und inwiefern die anderen Einzelgrade dahinter zurückstehen.
Ein Mensch mit einer ausgeprägten Depression wird einen Bluthochdruck, der mit Medikamenten eingestellt ist, als nebensächlich empfinden. In diesem Fall wird der Einzelgrad des Bluthochdrucks nicht beachtet und führt nicht zu einer Erhöhung hinsichtlich der Depression. Hingegen kann eine neben der Depression bestehenden leichten Psychose durchaus erhöhend wirken.
Neben dem Grad der Behinderung gibt es noch Merkzeichen. Dies bedeuten eine besondere Einschränkung in einem besonderen Bereich. Es gibt folgende Merkzeichen:
G = Beeinträchtigung Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr
B = Berechtigung für eine ständige Begleitung im Straßenverkehr
aG = Außergewöhnliche Gehbehinderung
Gl = Gehörlosigkeit
Bl = Blind
RF = Ermäßigung Rundfunkgebühren
H = Hilflos
TBl = Taubblind
Für die Gewährung von Parkerleichterungen für schwer behindert Menschen nach dem StVG ist die Frage zu beurteilen, ob eine außergewöhnliche Gehbehinderung vorliegt.
Als solche Person wird angesehen, wer sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Autos bewegen können.
Dies ist immer der Fall bei z.B. Querschnittsgelähmten, Doppeloberschenkel- oder Doppelunterschenkelamputierten oder einseitig Oberschenkelamputierten, die dauernd außerstand sind, ein Kunstbein zu tragen.
Ein Schwerbehindertenausweis wird ab einem Grad der Behinderung von 50 ausgestellt. Ab diesem Grad der Behinderung gilt man erst als schwerbehindert.
Bei Vorliegen eines Merkzeichens gibt es einen sogenannten Vorteilsausgleich. Für die einzelnen gängigen Merkzeichen ist das folgendes:
Am wichtigsten ist den meisten behinderten Menschen der Parkausweis für das KfZ. Dabei ist hier im Kreis Kleve zwischen dem blauen und orangenen Parkausweis zu unterscheiden.
Der blaue Parkausweis berechtigt unter anderem zum Parken auf Behindertenparkplätzen, der orangene gerade nicht.
Behinderte Menschen mit einem Merkzeichen aG und Bl erhalten immer den blauen und damit „vollen“ Parkausweis.
Menschen mit einem Merkzeichen G und B müssen wenigstens einen Grad der Behinderung von 50 bis 80 und zusätzlich noch einige Voraussetzungen innerhalb der Erkrankungen haben. Dies ist individuell zu überprüfen.
G: Steuervergünstigungen 900 € zusätzlicher Freibetrag, Kraftfahrzeugsteuer-Ermäßigung, Freifahrt im ÖPNV, Parkerleichterungen möglich (orangener Parkausweis).
aG: Freifahrt im ÖPNV, Kraftfahrzeugsteuerbefreiung, Anerkennung der Kfz-Kosten für Privatfahrten als außergewöhnliche Belastung, Inanspruchnahme von kostenlosen kommunalen Fahrdiensten, Parkerleichterungen (blauer Parkausweis), Parkplatzreservierungen, Unentgeltliche Beförderung der Begleitpersonen von Rollstuhlfahrern im internationalen Eisenbahnverkehr, Befreiung von Fahrverboten in Verkehrsverbotszonen, bei Altersrente oder Erwerbsminderungsrente Mehrbedarfserhöhung bei der Sozialhilfe von 17 % der Regelleistung, höherer Steuerfreibetrag von zusätzlich in Höhe von 4.500 EUR.
H: Freifahrt im ÖPNV, Kraftfahrzeugsteuerbefreiung, verdoppelter Steuerfreibetrag, Befreiung von der Hundesteuer, Befreiung von Fahrverboten in Verkehrsverbotszonen.
RF: Ermäßigungen bei der Rundfunkgebührenpflicht, Ermäßigung der Telefongebühren bei einigen Telekommunikationsunternehmen.
Bl: Freifahrt im ÖPNV, Kraftfahrzeugsteuerbefreiung, verdoppelter Steuerfreibetrag, Parkerleichterungen, Parkplatzreservierung, Befreiung von der Hundesteuer, Portofreie Beförderung von Blindensendungen, in besonderen Fällen Übernahme der Kosten von Fahrten zur ambulanten Behandlung durch die Krankenkasse, Blindengeld oder Gewährung von Pflegezulage, Unentgeltliche Beförderung der Begleitperson im internationalen Eisenbahnverkehr, Befreiung von Fahrverboten in Verkehrsverbotszonen.
Die Voraussetzungen für eine Schwerbehinderung und der Merkzeichen sind sehr komplex.
Bei der Ablehnung eines Antrags auf Feststellung eines Grades der Behinderung mit oder auch ohne Merkzeichen sollte dann innerhalb von 1 Monat ab Zustellung Widerspruch eingelegt werden.
Dieser muss zunächst nicht begründet werden, die Begründung kann ganz in Ruhe nachgeholte werden. Sollte dem Widerspruch nicht stattgegeben werden, kann Klage beim zuständigen Sozialgericht eingelegt werden.
Das Sozialgericht wird in der Regel dann einen unabhängigen Sachverständigen beauftragen und dann kann der tatsächliche Grad der Behinderung festgestellt werden.
Für denjenigen, der sich die Kosten des Gerichts und des Rechtsanwalts aufgrund eines z.B. recht geringen oder keinem Einkommen nicht leisten kann, kann Beratungshilfe (für den Widerspruch) oder Prozesskostenhilfe (für die Klage) beantragt werden.
Gerichtsgebühren fallen in einem solchen Prozess nicht an, sodass auch bei einem Verlust keine Kostenfolge besteht (bei bewilligter Prozesskostenhilfe rechnet der Rechtsanwalt mit der Staatskasse ab).
Gerade deshalb lohnt sich die genaue Abklärung der Schwerbehinderung durch das Sozialgericht.
Lambertz - 12:56 | Kommentar hinzufügen