Berger & Lambertz     
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13.12.2023

Ab wann ist man “alleinerziehend genug” für den Unterhaltsvorschuss?

Wann ist ein Elternteil tatsächlich „alleinerziehend genug“ für den Bezug von Unterhaltsvorschuss?

Diese Frage hat ganz aktuell das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) mit Urteil vom 12.12.2023 entschieden. 

Geklagt hatte eine Mutter, die Unterhaltsvorschuss beantragt hatte, dieser Antrag allerdings mit dem Hinweis der Behörde, der Kindesvater (der keinen Unterhalt zahlt) kümmere sich deutlich über ein durchschnittliches Maß (wohl 36 %) hinaus um die Kinder. 

Deshalb hielt die Behörde die Kindesmutter nicht mehr für alleinerziehend im Sinne des UVG und lehnte die Zahlung ab.

UVG.jpgDas BVerwG hat entschieden:
 
Leben die Eltern eines Kindes getrennt und leistet der barunterhaltspflichtige Elternteil den Mindestunterhalt nicht, beteiligt sich aber an der Betreuung des Kindes, besteht ein Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz nur dann, wenn der Mitbetreuungsanteil unter 40 % liegt.

Betreut der andere Elternteil also mehr als 40 % die Kinder mit, dann besteht kein Anspruch auf Unterhaltsvorschuss.

Der Anspruch auf Unterhaltsvorschussleistungen setzt u.a. voraus, dass das Kind bei einem Elternteil lebt (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG). Das verlangt eine auf Dauer angelegte häusliche Gemeinschaft, in der das Kind betreut wird.

Damit soll die vom Gesetzgeber erkannte oftmals vorliegende prekäre Situation der Alleinerziehenden berücksichtigt werden.

Diese besteht darin, dass das Kind “nur” bei diesem Elternteil lebt, weil hauptsächlich er die Betreuung (Pflege und Erziehung) des Kindes tatsächlich wahrnimmt und hiermit wegen des Ausfalls des anderen Elternteils besonders belastet ist.

Diese besondere Belastung liegt jetzt nach Ansicht des BVerwG dann gerade nicht vor, wenn der andere Elternteil mehr als 40 % der Betreuungsleistung wahrnimmt.

Bei der Berechnung der Betreuungszeiten ist ausschließlich auf die tatsächlichen Betreuungszeiten abzustellen.

Es muss also nach den Zeiten geschaut werden, die das Kind in der Obhut des einen sowie des anderen Elternteils verbringt, und zwar ohne Wertung und Gewichtung einzelner Betreuungsleistungen.

Bei ganztägig wechselweiser Betreuung kommt es typisierend darauf an, wo sich das Kind zu Beginn des Tages aufhält.

Der Bezug von Kindergeld und Vereinbarungen zum Umgangsrecht kommen dabei allenfalls nachrangiger Charakter zu. Das gemeinsame Sorgerecht hat grundsätzlich gar keine Bedeutung in diesem Zusammenhang.

Diese Entscheidung bedeutet also für die Praxis, dass die Eltern sich die Betreuungszeiten der Kinder bestenfalls im eigenen Kalender notieren sollten, damit die Betreuung im Zweifel nachgewiesen werden kann.
Für den, der UVG beantragt ist dies wichtig, damit UVG gezahlt werden kann.

Für den anderen Elternteil ist dies wichtig um im Nachhinein nachzuweisen, dass evtl. doch mehr als 40 % Betreuungsarbeit geleistet wurde und er nicht zur Zahlung der UVG Leistungen an die Behörde verpflichtet wird.

Insgesamt halten wir das Urteil für wenig sachgerecht, da dieses Urteil deutlich macht, dass es die tatsächlichen Umstände in einer Trennungsfamilie nicht im Blick hat.

Dieses Urteil hat Potential, noch mehr Streit zwischen die Eltern zu bringen.

Lambertz - 12:26 | Kommentar hinzufügen


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